20 Jahre lang Lügen

20 Jahre lange eine Lüge

Wie kann das sein, frage ich mich heute?

Wie kann es sein, dass ich mich habe so lange belügen lassen?

Unvorstellbar? Ja, das dachte ich auch.

Was bringt einen Menschen dazu, seinen Partner fast 20 Jahre lang zu belügen? Nicht nur diesen, auch die späteren Kinder und so ziemlich alle, die in seiner Umgebung sind.

Sicherlich habe ich auch meine Anteile, dass es so lange gehen konnte, aber hatte ich eine Chance? Hatte ich überhaupt eine Chance? Eine Chance hatte ich, ich hätte sofort gehen können. Warum ich das nicht gemacht habe, ist sicherlich ein Aspekt, der in meiner Kindheit zu finden ist.

Ich habe aufgrund der Problematik einige Therapien hinter mir, bin aber Laie und das was ich hier schreibe habe ich mir selbst durch meine Erkenntnisse zusammengereimt. Es mag nicht alles stimmen, was ich hier schreibe, aber ich denke es mir so.

Ich versuche es mal hier etwas aufzudröseln. Mein Problem ist, ich möchte immer alles verstehen.

Was ist der Grund für so ein Verhalten? Ich verstehe Männer nicht, die trotz ihrer Frischverliebtheit (mir mir zu Ohren gekommen ist, auch gleich am ersten Tag der neuen Beziehung) immer noch Interesse an anderen Frauen haben. Mir genügt ein Mann, da bin ich schon voll ausgelastet. Vielleicht ist das der Fehler, zu sehr auf diesen Menschen eingeschossen? Dabei dachte ich zu Anfang, diesmal wird alles besser. Ich habe den Abstand und kann gehen, wenn ich das kleinste negative Bauchgefühl habe. Habe ich leider nicht gemacht, damit hätte ich mir viel Leid erspart. Ich habe mich plattlabern lassen, wie in der Folge ganz viele Male.

Das interessante an der Sache ist, solange ich mit dem Mann nicht fest zusammen bin, kann ich da sehr gut  mit umgehen. Mit Frauen, die ihn anbaggern, obwohl es schon so schien als ob wir ein Paar wären. Sobald ich fest liiert bin, werde ich eifersüchtig. Komisch.

Na ja, die ersten Anzeichen waren Internetseiten, auf die ich dummerweise zufällig gekommen bin. Da ich manchmal etwas tollpatschig im Umgang mit diesen Geräten bin und sehr ungeduldig und schon mal Knöpfe drücke (die es ja schon gar nicht mehr gibt – Touchscreen) gelangte ich  in den Verlauf. Da waren wir noch nicht mal richtig zusammen. Ich war neugierig und fragte was er da gemacht habe. „Er war nicht drauf, das muss wohl so darein gekommen sein. Cookies oder so“ Ich hatte keine Ahnung von dem Gedönse und glaubte das natürlich, er erklärte es mir plausibel.

Ja, das konnte und kann er gut. Plausible Erklärungen geben. Ich glaube mittlerweile, er glaubt es selbst. Ein echter Narzisst ist da gut drin. Und er hat Anteile, ich bin da so bei 85 %. Ich schrieb ja vorher schon, dass mein Bauchgefühl immer funktioniert hat, nur durfte ich es nicht ernst nehmen, weil es ja angeblich nie richtig war. Und er hatte diese guten Erklärungen.

Gerade aktuell bin ich mit der Frage beschäftigt: Kann ich so sein, wie ich will oder bin ich so, wie ich bin? Ich denke ich bin eigentlich ein ganz anderer Mensch, aber die letzten 20 Jahre habe mich zu dem gemacht was ich war (ich bin wieder auf dem Weg zu mir) so wie ich meine wie ich bin. Weil – ich gefiel mir nicht mehr. Zerfahren, meckerig und natürlich unzufrieden. Ganz besonders haben meine Kinder darunter gelitten. Das tut mir so leid und ich versuche das wieder gut zu machen. Ich konnte aufgrund der Depression leider nicht anders handeln. Ich weiß, ich kann es nicht ungeschehen machen. Sie sind so lieb und verübeln mir das nicht. Sie zeigen Verständnis, weil sie jetzt sehen, wie ihr Vater wirklich ist. Ich habe sie ja (sozusagen) beschützen wollen. Was sicherlich der verkehrte Weg war. Ich habe versucht alles zu regeln und habe nicht gemerkt, dass ich der Wirklichkeit und meinem Wunschdenken eine tolle heile Familie zu haben nicht gerecht werden kann. Kann das funktionieren? Ich denke ja, dafür ist m.E. Ehrlichkeit wichtig.

In meiner Kindheit wurde mir meine Wahrnehmung abgesprochen. War etwas blau, behauptete meine Mutter es war grün. Und da sie die Erwachsene war, glaubte ich das. Mir war zwar nicht wohl dabei, mein Innerstes spürte, dass die Antwort nicht richtig war, aber ich war nur ein Kind. Nicht das meine Mutter es wissentlich böse meinte, aber ich sollte brav und angepasst sein. Keinen Ärger machen, damit die Leute nicht reden.

Dabei bin ich ein Freigeist, der offen, unbedarft und vielleicht auch zu redselig war. Bin ich immer noch. Ich stehe zu dem was ich sage. Spreche oft aus, was andere denken und nie sagen würden. Ich mag keine Lügen und hintenrum reden. Wird hinter dem Rücken gequatscht, spreche ich die Leute direkt drauf an. Manche finden des gut, manche nicht.

Ich kann dabei leider nicht unterscheiden, dass es auch mal Dinge gibt, die man nicht öffentlich anspricht. Ich habe es nie gelernt Grenzen zu setzten und daher auch nicht, sie zu wahren. Man hat mir diese Möglichkeit schon im Kindesalter genommen. Jetzt in der zweiten Hälfte meines Lebens beginne ich das zu lernen. Besser jetzt als nie und es ist nie zu spät. Ich habe ja noch ein paar Jährchen vor mir.

Ich werde mal versuchen so nach und nach zu erkunden, warum ich nicht aus dieser Beziehung und später Ehe gegangen bin.

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